Ann Savage, Hugh Beaumont, Russell Hicks, Charles D. Brown, Pierre Watkin
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Los Angeles, Kalifornien: Die Haushälterin (Eva Bartok) öffnet die Tür zur luxuriösen Heimstatt des reichen Unternehmers Harvey Kirkland (Ruseell Hicks), und ein Journalist der Daily Tribune, Kenny Blake (Hugh Beaumont), stürmt in die Vorhalle und verlangt den Hausherrn zu sprechen. Obwohl er sich für ein Interview nicht anmeldete, zeigt sich die Frau von Blakes dreister Art überwältigt, und als jener Harvey Kirkland in einem der angrenzenden Räume reden hört, zögert er nicht. Tatsächlich ist Kirkland an seinem Schreibtisch sitzend damit befasst, seine jüngere Ehefrau Toni (Ann Savage) darüber ins Bild zu setzen, dass es ihr den Zugang zu seinem Bankkonto sperren werde, da ihre Konsumsucht inzwischen zügellos sei. Sie spottet, dass die Presse davon Wind bekommen und vermuten könne, dass er finanziell in Schwierigkeiten sei. Kirkland zeigt sich von der frechen Antwort unbeeindruckt und entgegnet ihr, dass er das problemlos werde ausräumen können. Da kommt Kenny Blake zur Tür herein, setzt sich, ohne Toni in ihrem Kaminsessel überhaupt zu bemerken, auf die Kante des Schreibtischs und beginnt auf den Unternehmer einzureden. Der zeigt sich von dem Auftritt wenig angetan. Er verweigert dem Journalisten geradeheraus, ihm über seine geplante Kooperation mit dem Rivalen Craig Jordan, den Kirkland seit Jugendjahren kennt, die mindeste Auskunft zu erteilen. In dem Augenblick sieht Blake Toni. Er hört unmittelbar zu reden auf, und sie schenkt dem Fremden gänzlich unverblümt ein Lächeln…
“A smart guy like me is not going to go on earning starvation wages all his life.” Als der Film beim Poverty-Row-Studio PRC (Producers Releasing Corporation) in der Produktion war, trug er den Arbeitstitel Single Indemnity, der angeblich auch für seinen Kinostart geplant war. Solches war natürlich eine Anspielung auf Billy Wilders Film Noir Frau ohne Gewissen (USA 1944), im Original Double Indemnity nach dem gleichnamigen Roman aus der Feder James M. Cains (EA 1936), der dem Hollywood-Studio Paramount Pictures im Vorjahr einen Überraschungserfolg eingebracht und Barbara Stanwyck ein fulminantes Comeback beschert hatte. Double Indemnity wurde in sieben Kategorien für einen Oscar nominiert. Obgleich das Werk, das mit für den Hollywood-Film typischen Tabus brach und die explizit erotische Liaison des Versicherungsagenten Walter Neff (Fred MacMurray) mit der reich verheirateten Femme fatale Phyllis Dietrichson (Barbara Stanwyck) ins Zentrum rückte, keinen davon gewann, zementierte es über Jahrzehnte seinen Ruf als einer der besten und einflussreichsten Film-Noir-Klassiker aller Zeiten. Schon 1945 drohte Paramount Pictures daher dem Lieferanten für billigste B-Produktionen (PRC) mit rechtlichen Schritten. Also änderte man den Titel der Produktion zu Apology For Murder. Gemeinsam mit Philip Fords via Republic Pictures veröffentlichtem Film Noir The Tiger Woman (USA 1945) mit Adele Mara als der Femme Fatale ist Sam Newfields Apology For Murder der Versuch, mit quasi einer Imitation von Frau ohne Gewissen beim Kinopublikum zu punkten. Fairerweise muss man The Tiger Woman zugestehen, die Handlungselemente aus Cains Romanvorlage zumindest variiert zu haben. Apology For Murder ist unterm Strich der Aufguss eines Klassikers. Vielschreiber Fred Myton, der als Autor der Erzählung und des Drehbuchs genannt wird, brachte es in den 40ern auf fünf bis sechs Vorlagen und/oder Drehbücher pro Jahr. Manche Szenen sind fast Eins zu Eins aus Billy Wilders Klassiker übernommen, wurden hingegen derart lustlos und schlampig inszeniert und teils auch gespielt, dass es noch heute zum Fremdschämen ist.
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Ann Savage war keine üble Schauspielerin und für die Femme fatale geradezu prädestiniert. Ihre Hauptrolle in Detour (USA 1945), der vom deutschen Exilanten Edgar G. Ulmer im gleichen Jahr für PRC gedrehte B-Klassiker des Film Noirs, der erst Jahrzehnte später in seiner Qualität erkannt und wertgeschätzt wurde, sicherte ihr einen Platz in der Filmgeschichte. Apology For Murder hingegen ist kein Klassiker und kein nur halbwegs solider Film. Wofür Billy Wilder in Frau ohne Gewissen 30 Minuten benötigt, dafür braucht Sam Newfield in Apology For Murder sieben. Kein Scherz. Leider nicht. Zu Beginn hatte ich das Gefühl, einen Trailer zu sehen, so abrupt startet die Handlung. Kenny Blake und Toni Kirkland sind voneinander (scheinbar) hingerissen, doch in dem Augenblick, wo sie sich (wohl) küssen, kommt es … zum Schnitt. Nächste Szene. Wir sind (inklusive Vorspann) jetzt bei Minute 7: in Blakes Apartment streiten sie darüber, dass Toni die Ehefrau Harvey Kirklands ist, was sie ihm verschwieg, obgleich sie, so Blake, seine Tochter sein könnte. Randnotiz: Russell Hicks war zum Zeitpunkt des Drehs 50, sieht aber wie 70 aus. Ann Savage war 24 und wirkt, als hätte sie die 30 schon hinter sich. Technisch also richtig, dennoch klingt der Dialog gestelzt. Von Richard Wallaces Framed / Paula (USA 1947), über Felix E. Feists The Man Who Cheated Himself (USA 1950) und Michael Curtiz‘ Alle Spuren verwischt (USA 1956 ) bis zu Lawrence Kasdans Heißblütig – Kaltblütig / Eine heißkalte Frau (USA 1981) gab es im Film Noir und Neo Noir viele mehr oder minder erkennbare Variationen von Billy Wilders Frau ohne Gewissen (USA 1944). Sie alle zeigen Besonderheiten und wandeln die Geschichte in der einen oder anderen Richtung ab. Apology For Murder ist einzig ein “cash grab“, wie auf Englisch formuliert wird, wenn es darum geht, in fremden Gewässern zu angeln und davon zu profitieren. Absolut nicht empfehlenswert!
Bis dato (2025) gibt es von diesem B-Film der Producers Releasing Corporation, der nie im deutschen Kino oder im Fernsehen zu sehen war, keine BD oder DVD. Online ist der Film ungekürzt verfügbar und das auch im korrekten Bildformat, allerdings in einer bild- und tontechnisch minderwertigen Fassung ohne Untertitel.